
Auf den Spuren Ihrer Ahnen: Meine Tipps als Lebensarchivarin
In meinem Alltag als Lebensarchivarin begegne ich immer wieder Menschen, die auf der Suche nach ihren familiären Wurzeln sind.
Inspiriert durch diese Begegnungen gebe ich Ihnen in diesem Artikel
- allgemeine Hinweise zur Ahnen- und Familienforschung
- praktische Tipps zur „Übersetzung“ aus dem Altdeutschen (Kurrent, Sütterlin), was Ihnen das Lesen offizieller und privater Archivalien als wichtige Quellen Ihrer Spurensuche erleichtern möge.
Ahnen- und Familienforschung ist hochaktuell
Bereits ein kurzer Blick ins Netz macht deutlich: Es gibt zahlreiche Bücher, Zeitschriften und Plattformen zur Ahnen- und Familienforschung. Dieser Einblick lässt vermuten, dass sich viele Menschen fragen:
„Woher komme ich? Wer sind meine Vorfahren und Vorfahrinnen?“
Auf der Suche nach Antworten
Vielleicht haben Sie zu Beginn Ihrer Suche eine der vielen Vorlagen zur Erstellung eines Stammbaumes aus dem Internet heruntergeladen.
Spätestens wenn Sie anfangen, die persönlichen Daten Ihrer Ahnen und Ahninnen darin einzutragen, stellen Sie erstaunt fest, dass Sie vielleicht relativ gut bis zu Ihrer Großelterngeneration kommen. Darüber hinaus wird es unter Umständen schon schwieriger. Auch dann, wenn Sie gezielt im Familienkreis nachfragen.
Kaum jemand kennt die Namen, Geburts-, Tauf-, Hochzeits- oder Sterbedaten der eigenen Urgroßeltern oder Ururgroßeltern usw. Den wenigsten ist bekannt, wo sie lebten, welche Berufe sie ausübten, wie viele Kinder sie hatten oder ob sie mehrfach verheiratet waren.
Erste Schritte auf unserer Spurensuche
An diesem Punkt wird möglicherweise Ihr Forschergeist geweckt. Er führt Sie zu
- örtlichen Standesämtern
- Archiven (etwa kommunale Archive oder Landesarchive wie das „Niedersächsische Landesarchiv“ oder das „Landesarchiv NRW“)
- großen genealogischen Plattformen (z. B. „Archion“)
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Sie hier die fehlenden Informationen finden.
Ämter, Archive und Plattformen sind für Sie insbesondere dann wichtig, wenn Sie bei Ihrer Spurensuche auf wenige oder gar keine Privatarchivalien zurückgreifen können.
Offizielle und private Quellen lesen können
Unabhängig davon, ob Sie offizielle Quellen wie
- Adressbücher
- Personenstandsbücher
- Kirchenbücher
- usw.
im Original, als Kopie oder online am Bildschirm einsehen, sind Sie sehr wahrscheinlich herausgefordert, diese in einer alten deutschen Handschrift, dem Kurrent oder dem Sütterlin, lesen zu müssen.
Dies gilt oftmals auch für das Lesen privater Quellen wie
- alte Briefe, alte Tagebücher
- Familienstammbücher, Geburts- und Sterbeurkunden
- schulische sowie berufliche Zeugnisse und Nachweise
- usw.
Sich mit Kurrent und Sütterlin vertraut machen
An dieser Stelle möchte ich Sie als Lebensarchivarin ermutigen, sich auf diese fremd anmutenden Handschriften einzulassen.
Hierfür empfehle ich Ihnen, zum Lesen der älteren Quellen ein Kurrent-Alphabet zur Hand zu nehmen. Für die jüngeren Quellen, die etwa ab 1920 datieren, ein Sütterlin-Alphabet. Die Alphabete finden Sie im Internet.
Für diejenigen von Ihnen, die tiefer in die alten deutschen Schriften eintauchen möchten, empfehle ich zusätzlich dieses Buch
- Harald Süß: Deutsche Schreibschrift, München 2002
Bitte vergessen Sie nicht: Altdeutsche Handschriften lesen zu können, ist eine wichtige Grundlage Ihrer persönlichen Ahnenforschungs-Reise.
Praktische Tipps zum „Übersetzen“ und Lesen alter Handschriften
Nicht alle Einträge, die für Sie interessant sein werden, sind in einer klaren, gut lesbaren Handschrift geschrieben.
Tipp 1
In solchen Fällen lesen Sie sich bitte in diese eine Handschrift ein. Machen Sie sich mit deren besonderen Eigenheiten vertraut. Und seien Sie mit sich geduldig. Auch dann, wenn Sie trotz Ihrer Bemühungen einzelne Worte nicht sogleich entziffern können.
Tipp 2
Manchmal hilft es in diesen Situationen, ein Wort von hinten nach vorne zu lesen. Buchstabe für Buchstabe. Jeder Buchstabe einzeln.
Tipp 3
Oder fotografieren Sie die entsprechende Textstelle. Am Bildschirm können Sie das „schwierige“ Wort großziehen. Auch das kann eine weitere Möglichkeit sein, es leichter zu entziffern.
Tipp 4
Manche schwer zu lesenden Worte erschließen sich zudem ganz einfach aus dem Textzusammenhang.
Tipp 5
Anders verhält es sich bei Personen- und Ortsnamen. Diese müssen Sie unabhängig von deren Kontext „übersetzen“. Falls darin enthaltene Buchstaben undeutlich geschrieben sind, schauen Sie, ob ähnlich geschriebene Buchstaben in anderen, leichter zu lesenden Wörtern im Text auftauchen. Das gibt Ihnen beim Entziffern dieser Buchstaben zusätzliche Sicherheit.
Tipp 6
Apropos Personen- und Ortsnamen. Lassen Sie sich nicht verunsichern, wenn deren Schreibweise in unterschiedlichen Quellen unterschiedlich daherkommt.
Wenn zum Beispiel aus einer „Margarete“ eine „Margareta“ oder sogar eine „Margaretha“ wird. Möglicherweise ist dieser Unterschied auf einen Flüchtigkeitsfehler zurückzuführen, der, einmal passiert, von Eintrag zu Eintrag unabsichtlich übernommen wurde. Das gilt auch für Nachnamen.
Tipp 7
Schreibweisen von Ortsnamen können auch von offizieller Stelle geändert worden sein. Etwa wurde aus dem Städtenamen „Koburg“ per Präsidialerlass der Regierung von Oberfranken vom 30.10.1920 „Coburg“. Übrigens wurde ich auf dieses Beispiel aufmerksam, als ich eine Übersetzung für einen Kunden übernahm.
Tipp 8
Schließlich beachten Sie bitte, dass sich im Laufe der Jahrhunderte unsere Sprach-, Schrift- und Lebenswelten geändert haben.
Vielleicht stolpern Sie über Formulierungen oder Begriffe, die Ihnen „altbacken“ und unverständlich erscheinen oder die Sie gar an Ihrer „Übersetzung“ zweifeln lassen. Recherchieren Sie in diesen Momenten nach der Bedeutung des Wortes, das Ihnen nicht bekannt ist. Nehmen Sie z. B. ein etymologisches Lexikon zur Hand oder das „Deutsche Wörterbuch“ von Jacob und Wilhelm Grimm.
Tipp 9
Zu guter Letzt bin ich mir beinahe sicher, dass Ihnen im Zuge Ihrer Recherchen auch alte Standes- oder Berufsbezeichnungen begegnen werden, die heute längst in Vergessenheit geraten sind.
Wer kennt noch zum Beispiel die Begriffe „Kötter“, „Köthner“ oder „Kossäte“, mit dem ein Dorfbewohner bezeichnet wurde, der einen kleinen „Kotten“, eine kleine „Kate“ besaß. Dass es einen „Königlichen Hof-Kuchen-Commissarius“ gab, entdeckte ich erst, als ich für eine Kundin eine Widmung von 1863 „übersetzte“.
Machen Sie sich mit diesen unbekannten Begriffen und Bezeichnungen vertraut. Forschen Sie nach, um mehr über die soziale und berufliche Herkunft Ihrer Ahnen und Ahninnen zu erfahren.
Zum Abschluss
Wie spannend doch allein das Zusammentragen von Daten und Fakten über unsere Vorfahren und Vorfahrinnen sein kann. Auch für mich.
Selbstverständlich wende ich die oben vorgestellten kleinen Lese- und Übersetzungstipps selbst an: sowohl beruflich als auch privat.
Als Lebensarchivarin an Ihrer Seite
Das Lesenlernen einer alten deutschen Handschrift macht Freude. Insbesondere dann, wenn wir wissen, wofür und warum wir Kurrent oder Sütterlin lesen und übersetzen wollen. Das Lesenlernen bedarf aber auch ein wenig Zeit und Geduld.
Sollten Sie momentan weder genügend Zeit noch die notwendige Geduld aufbringen können, begleite ich Sie gerne auf Ihrer persönlichen Spurensuche nach Ihren Ahnen und Ahninnen. Gerne „übersetze“ ich für Sie sowohl offizielle als auch private Archivalien aus dem Altdeutschen, damit Sie Ihren familiären Wurzeln ein Stück weit näherkommen.
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